Sonntag, 13. September 2009

Beam me up, Scotty!

Zu Zeiten, als die Dampflocks immer besser und schneller wurden waren sich Wissenschaftler sicher, dass Zuege nicht schneller als 30km/h fahren duerfen weil die Passagiere bei so hohen Geschwindigkeiten sonst Wahnsinnig wuerden.
Ich bin mir recht sicher, dass diese These nicht stimmt. (Obwohl das Chaos auf den Autobahnen damit erklaert wuerde.)
Irgendwie ist es aber trotzdem seltsam mit dem Flugzeug innerhalb kuerzester Zeit ueber Staedte, Berge, Reisfelder und Kulturgrenzen transportiert zu werden.Ich brauche nach einer Reise mit dem Flugzeug immer ein paar Tage mehr Zeit um mich an die neue Umgebung, die neue Waehrung und andere Sitten zu gewoehnen.

Unser Flugzeug startete am vergangenen Dienstag von Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas nach Hanoi, im Norden Vietnams.Doch bevor ich ueber die quirrlige Kapitale Hanoi schreibe moechte ich nochmal nach Phnom Penh zurueckkehren.
Nach dem Untergang des einst maechtigen Koenigreichs Angkor und Angriffen vom Koeniggreich Siam aus dem Westen wurde die Hauptstadt aus dem Landesinneren nah am Golf von Thailand verlegt. Hier konnten die Wasserwege des Tonle Sap und des Mekong Flusses sowie die Naehe zur See genutzt werden um Handel mit den maechtigen Nachbarn wie zum Beispiel China und Siam zu fuehren. Phnom Penh prosperierte und mit zunehmenden Einfluss der Kolonialmacht Frankreich im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Gebaeude die mit den vielen Gruen in den Strassen fuer einen guten Ruf der Stadt weit ueber die Landesgrenzen hinaus sorgte.( "Die Perle Suedostasiens")

Leider hielt diese Entwicklung im 20. Jahrundert nicht an. Prinz Sihanouk bemuehte sich in den Jahren des Kalten Kriegs eine neutrale Position zwischen den Grossmaechten Sowjetunion und USA zu beziehen. Mit Aufflammen des Vietnamkriegs in der Region entschied er sich fuer die Unterstuetzung der prosowjetischen Nordallianz in Vietnam und sorgte mit der Unterstuetzung dieser Kraefte fuer eine massive Bombardierung Kambodschas zwischen 1969 und 1973 durch die USA, die versuchte die Nachschubwege fuer den Vietcong abzuschneiden.
(Hier kamen die bekannten Herbizide und Entlaubungsmittel Agent Orange, Agent Blue usw. zum Einsatz die terratogen sind und zum Teil auch heute noch im Boden nachzuweisen sind.)
General Lon Nol und Prince Sisowath sorgten fuer einen Putsch bei dem Prinz Sihanouk in das chinesische Exil fluechten musste. Die immer maechtiger werdenden Khmer rouge, unter der Fuehrung von Pol Pot kaempften gegen die proamerikanischen Lon Nol Kraefte und uebernahmen schliesslich am 15. April 1975 Phnom Penh und damit die Kontrolle ueber das Land.

Durch die Bombardierung der oestlichen Provinzen durch die USA und den aufflammenden Buergerkrieg zwischen Khmer rouge und Lon Nol Kraeften fluechteten zwei Millionen Menschen bis 1975 nach Phnom Penh. Als Pol Pot die Macht uebernahm wurde die Hauptstadt innerhalb weniger Tage komplett evakuiert. Die meisten Einwohner Phnom Penhs ( bis auf wenige Millitaers) wurden zu Zwangsarbeit auf dem Lande verpflichtet. Die Khmer rouge zerstoerten die Banken, Tankstellen, das Verkehrssystem und schafften das Geld ab. Alle Einwohner mussten eine schwarze Arbeitsuniform und Schuhe, die aus Reifen gefertigt wurden, tragen. Auf dem Feld oder bei groesseren Baupojekten musste ohne die Hilfe von Maschinen mit den blossen Haenden gearbeitet werden. Schulen wurden abgeschafft und selbst die Kinder mussten in den Fabriken wie die Erwachsenen arbeiten. Das Ziel war die "Schaffung des Jahres Null" in dem Kambodscha ohne dem Einfluss imperialistischer Maechte, komplett autark als Agrarstaat existieren sollte.

Die Einwohner, die aus der Staedten auf das Land zwangsumgesiedelt wurden, wurden von den Khmer rouge "Neue Menschen" genannt und litten im Gegansatz zu den Landbewohnern, den "Alten Menschen" am staerksten unter dem Terrorregime der roten Khmer. Die, die sich widersetzten, Akademiker, Lehrer, Anwaelte, Aerzte und deren Familien, mutmassliche franzoesische oder amerikanische Spione, Auslaender und alle die dem "aussergewoehnlich grossen Sprung nach vorn" im Wege standen wurden festgenommen, wochenlang brutal gefoltert und exekutiert. Die Grundschule 21 im Herzen der Stadt wurde zum Hochsicherheits- und Foltergefaengniss ausgebaut indem in den drei Jahren Khmerherrschaft ueber 15.000 Menschen darunter Frauen, Kinder, Babys solange gefoltert wurden bis sie saemtliche Gestaendnisse unterschrieben hatten und erfundenes "Agentenwissen" preisgaben. Das Gefaengnis ist zum Museum ausgebaut worden (Tuol Sleng Genocide Museum) und erinnert fuer immer an die schockierenden Taten der roten Khmer. In den Zellen findet man Fotografien der gefolterten Opfer, schockierende "Vorher-Nachher" Bilder und die original Folterwerkzeuge der damaligen Zeit.(Zangen, Knueppel, Haemmer, Aexte)
Im Anschluss an das Museum haben wir noch eine Tour nach Chung Erk, den "Killing Fields" vor den Toren der Stadt, gemacht. Hier wurden die gefolterten Menschen aus S-21 gebracht und brutal hingerichtet. Um Munition zu sparen mussten sich die Opfer hinknien und wurden von hinten mit einem Bambusknueppel oder Hammer erschlagen. Die Ruhe und die eigentlich schoene Atmosphaere mit vielen Baeumen und Gruen kontrastieren krass zu den aufgestapelten Knochen und Schaedeln die in den Graebern gefunden worden und in der Regenzeit immer noch aus den nassen Boden auftauchen. Ein schrecklicher Ort, der sprachlos macht!
Die groesste Ungerechtigkeit ist, dass Pol Pot und viele Verantwortliche sich nie einen Gerichtsprozess stellen mussten. Pol Pot starb 1998 unter Hausarrest in Thailand und auch viele andere Taeter sind noch nicht zur Verantwortung gezogen worden. Im Angesicht dieser schrecklichen Geschichte fuehlt es sich an wie ein Wunder, wenn man heute durch die Strassen geht und ueberall das pulsierende Leben sieht.

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